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Brauchtum in Kößlarn

Palmsonntags-Brauch

Das religiöse Brauchtum am Palmsonntag weist bereits eine über 500-jährige Tradition auf.

Bei der Palmprozession durch den Markt wird ein holzgeschnitzter Palmesel mit draufsitzender Christusfigur mitgeführt. Viele Kinder und Jugendliche bringen zur Palmweihe buntgeschmückte und teils meterhohe Palmbuschen und tragen sie bei der Prozession mit. Die liturgische Feier beginnt am Palmsonntag um 9.30 Uhr vor dem Torhaus der Wehrkirchenanlage.

Der vom Pfarrkirchener Fassmaler Hans Nagl 1481 für 25 Pfund Pfennige erworbene Palmesel, der bis zum Jahr 2000 bei der Palmprozession mitgeführt worden war und bis dahin als „Deutschlands dienstältester Palmesel“ gegolten hatte, wurde 2001 nach einem Beinbruch aufwändig restauriert. Nach einem Beschluss der Verantwortlichen der Pfarrgemeinde nimmt er seitdem nicht mehr an der Prozession teil. Zur Aufrechterhaltung des jahrhundertealten Brauchtums wurde 2002 ein neuer Palmesel in Dienst gestellt, der von Maximilian Schnall (Kößlarn) geschnitzt und von Jürgen Hollweck (Unteriglbach) gefasst wurde.

Eine Verbindung zwischen Religion, Brauchtum und Vereinsleben stellt das über 300 Jahre alte Erntedankfest dar, das alljährlich am zweiten Sonntag im September stattfindet:

Erntedankfest

Alljährlich am 2. Sonntag im September feiern die Bewohner des Marktes nach altem Brauch und Herkommen ihr Erntedankfest. Der frühe Termin steht im Zusammenhang mit den Marienfesten Mariä Geburt (8. September) und Mariä Namen (12. September), die früher eine große Bedeutung in der Marianischen Wallfahrt hatten. Im Erntedankfest soll der Dank der Menschen für die Ernte, für die Arbeit und für die Lebensgrundlagen an den Schöpfer augenfällig zum Ausdruck kommen. Gerade in den Zeiten schwerster Bedrängnis, wenn unsere Vorfahren von Wasserflut und Feuersbrunst, Hungersnot und Kriegsgeschrei heimgesucht wurden, haben sie den Segen der Felder, Wiesen und Wälder schätzen gelernt.

So dürfen wir wohl das Ende des Dreißigjährigen Krieges und als Folge das Aufleben der Menschen im Zeitalter des Barocks als Ursprung des Erntedankfestes ansehen. Eine erste schriftliche Erwähnung ist in der Wallfahrtsgeschichte „Der Herrgott von Tann“ aus dem Jahre 1695 zu finden, in der (unangemeldet) Kößlarner Wallfahrer in Tann an ihrer Fahne und ihrer Sprache vom letzten Erntedankfest erkannt wurden.

Die Pfarrgemeinde nahm dieses Ereignis 1995 zum Anlass, das 300-jährige Bestehen des Erntedankfestes u.a. mit einer großen Ausstellung zu feiern. Im Mittelpunkt des Festes ist die Erntedankprozession (Beginn 10.30) durch den Markt im Anschluss an den Festgottesdienst (Beginn 9.30). Rund 250 Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene stellen in farbenfrohen traditionellen Trachten und Kostümen und mit typischen Gerätschaften das frühere Erwerbsleben auf dem Lande dar.

Da führen Hirten lebende Schafe und Ziegen mit. Da zeigen Schnitter und Schnitterinnen mit Sensen, Sicheln, Gabeln und Dreschflegeln das frühere Erntegeschehen. Da tragen Bauern und Bäuerinnen in Steigen Kleinvieh wie Hühner, Enten und Gänse mit. Auch das Gewerbe und Handwerk sind mit Müllern, Bäckern, Metzgern, Brauern, Gärtnern, Jägern und Holzfällern vertreten.

Bäuerinnen und Köchinnen zeigen typische bäuerliche Speisen wie Geselchtes und Schmalzgebackenes. Das religiöse Anliegen des Festes verdeutlichen Kreuz, Fahne, Prozessionsstangen, Heiligenfiguren und nicht zuletzt das Allerheiligste, die mitgetragen werden.

Das weitum bekannte Fest zieht Hunderte von Besuchern an und gilt als Erntedankfest des Rottals. Es ist sicherlich ein „Fest für die Augen“, es soll aber keine folkloristische Veranstaltung sein, sondern es will nach altem Brauch den Dank der Menschen für die natürlichen Lebensgrundlagen zum Ausdruck bringen – auch oder gerade in unserer technisierten und globalisierten Welt.